Diplomatie - Balbok: Es liegt im eigenen Interesse der EU, den Balkanländern entgegenzukommen
Angesichts der Tatsache, dass Russlands Krieg in der Ukraine seit fast zwei Jahren andauert, ist Außenministerin Annalena Berbock der Ansicht, dass der EU-Beitritt der sogenannten Westbalkanländer einen wichtigen Beitrag zur europäischen Sicherheit darstellt.
„Die Länder des Westbalkans gehören voll und ganz zu unserer EU. Das ist kein leeres Gerede, sondern liegt in unserem eigenen Sicherheitsinteresse“, erklärte der Grünen-Politiker bei einem Besuch in Slowenien. Sie fügte hinzu: „Angesichts des russischen Imperialismus kann sich die EU keine Grauzone in Mitteleuropa leisten.“
Berbock forderte, dass es in einer Welt, in der sich Krisen und Konflikte in den Nachbarländern Europas überschneiden, notwendig sei, dass die EU „morgen und übermorgen schnell und entschlossen handeln und weiterhin eine Säule der Sicherheit aller unserer Europäer sein wird“. Dies erfordert Reformen von Ländern, die Teil der europäischen Familie sein wollen. „Gleichzeitig muss die EU ihr Wort halten und den nächsten Schritt im Erweiterungsprozess gehen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind“, fügte der Bundesaußenminister hinzu.
Sechs Balkanländer in unterschiedlichen Stadien
Zu den sogenannten Westbalkanländern zählen Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien. Alle sechs Länder planen einen EU-Beitritt, allerdings in unterschiedlichen Stadien. Die EU führt bereits Beitrittsgespräche mit Serbien, Nordmazedonien, Montenegro und Albanien. Bosnien und Herzegowina gilt als Kandidatenland und Kosovo ist ein potenzieller Kandidat.
Bellboks Gespräche könnten auch die Eindämmung der illegalen Einwanderung beinhalten. Darüber hinaus sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Berlin, dass auch die Lage im Nahen Osten eine Rolle spielen dürfte.Slowenien wird ab Januar für eine zweijährige Amtszeit als nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen fungieren.
Themen der Katastrophenvorsorge nach Überschwemmungen
Berbock hoffte zunächst, mit Außenministerin Tanja Fajon in einem slowenischen Logistikzentrum mehr über den zivilen Katastrophenschutz als Reaktion auf die Überschwemmungen im August in Slowenien zu erfahren. Anfang August waren zwei Drittel des Landes von Überschwemmungen durch überlaufende Flüsse betroffen. Es kam auch zu Erdrutschen. Der Schaden wurde damals auf 500 Millionen Euro geschätzt. Slowenien erhält Hilfe aus EU-Mitteln. Gespräche mit Fahun und Premierminister Robert Golob sind später geplant.
Der Bundesaußenminister erklärte, dass „die Bewältigung der Klimakrise, der größten Sicherheitsbedrohung für die Menschheit“, von zentraler Bedeutung für die Umsetzung des deutsch-slowenischen Aktionsplans sei, der zentrale Zukunftsthemen voranbringen soll.
Von Ljubljana in den Nahen Osten
Slowenien verurteilte den Hamas-Angriff, kritisierte aber auch Israel. Golob sagte auf einer Konferenz über die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Menschen im Gazastreifen am 9. November in Paris, dass die Bombardierung ziviler Ziele durch das israelische Militär das Recht auf Selbstverteidigung überschreite. Fahun war in ihrer Rhetorik weniger harsch, beklagte sich aber zuletzt auch heftig über die humanitäre Lage in Gaza und kritisierte jüdische Siedler im Westjordanland.
Russischer Angriff auf die Ukraine
Slowenien stellt sich voll und ganz auf die Seite der Europäischen Union und verurteilt den Krieg Russlands in der Ukraine. Slowenien war einer der Sponsoren der ersten UN-Resolution gegen Russland und stimmte auch nachfolgenden Resolutionen zu.
Grenzkontrollen zur Bekämpfung illegaler Einwanderung
In der Einwanderungsfrage befürwortet Premierminister Golob die Legalisierung des Status illegaler Einwanderer. Er beschrieb das Schüren von Ängsten vor Einwanderern als ein populistisches Instrument der extremen Rechten. Dennoch folgte das Schengen-Land Slowenien dem Beispiel Italiens und führte im Oktober wegen Einwanderungsbedenken Grenzkontrollen ein. Im September 2023 gab es mehr als 40.000 illegale Grenzübertritte, verglichen mit 13.000 im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
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Quelle: www.stern.de