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Bewegen: Muna oder die Hälfte des Lebens von Terézia Mora

Terézia Mora
Terérzia Mora legt mit «Muna oder die Hälfte des Lebens» einen großen Roman vor.

Und dann geht dein Fahrrad kaputt! Im Frühjahr 1989 gerät das Leben von Muna, einer Abiturientin aus einer ostdeutschen Kleinstadt, völlig aus den Fugen. Ihre Mutter war Schauspielerin und Alkoholikerin, ihr Vater starb vor Jahren.

Mooner möchte aus der Sackgasse herauskommen, vielleicht Reporter werden oder ins Theater gehen. In diesen Monaten ist alles im Gange: Der Notarzt holt ihre Mutter ab, Muna erlebt ihre Abschlussfeier alleine und in dieser Zeit lernt sie einen Mann kennen, der ihr Leben bestimmen wird: Magnus, den Fotografen und Französischlehrer, eine kurze Romanze . Während die Berliner Mauer fällt, verirrt sich ein geliebter Mensch auf einer Radtour in Ungarn.

Die 1971 in Ungarn geborene und seit 1990 in Berlin lebende Buchpreisträgerin Terézia Mora kehrt mit „Muna oder die Hälfte des Lebens“ zum Deutschen Buchpreis zurück. Ausgestellt Mitte Oktober. 2013 erhielt sie den Preis für „Monster“ zurück.

„Im Vortex“ ist der Titel eines der ersten Kapitel ihres Romans, der für das Gefühlschaos des ersten Kapitels die richtige Form findet. – ERZÄHLER: Das passiert immer wieder und dann scheint die Zeit verrückt zu spielen. Nach 70 Seiten extremer Euphorie ist Muna völlig verliebt, doch ihr unberechenbarer Liebhaber verschwindet. Wie ein Sturm vorbeigezogen.

Muna muss sieben Jahre warten, bis sie den Mann ihrer Bestimmung endlich und unerwartet wiedersieht. Gleichzeitig begann sie ein Studium der Geisteswissenschaften in Berlin und erhielt ein Stipendium nach London, wo sie als Babysitterin für ein fremdes Paar arbeitete. In Wien kam sie mit kleinen Jobs an der Universität über die Runden. Mit der Hilfe seines Mentors gelang es dem talentierten Muna nach und nach, in der akademischen Welt Fuß zu fassen.

Ihre Geschichten über Männer sind eher unangenehm, aber sie wartet nur auf eine solche. Magnus trifft sie schließlich zufällig bei einer Theateraufführung in Berlin wieder: Die beiden ziehen zusammen, allerdings meist in verschiedene Städte, und beide müssen im harten Wettbewerb um seltene Jobs bestehen.

Der wiederentdeckte Magnus bleibt distanziert, oft hart und manchmal liebevoll. „Man sollte nicht immer so aufgeregt sein“, rät er seiner Freundin, romantische Liebe sei nur eine Illusion. Dann kam es zu einem weiteren Streit, der ersten Ohrfeige, oft unter Alkoholeinfluss. Muna lobte ihren Freund weiter und sagte, er sei „wie ein Walnussbaum in der Nacht“, sagte sie einmal. Sie gab sich selbst die Schuld an seiner Gewalt. Sie glauben, dass der Missbrauch irgendwann aufhören wird, wenn es ihnen besser geht.

Terézia Mora entlarvt diese tödliche Denkweise sehr geschickt und enthüllt die Mechanismen dessen, was sie selbst in einem Interview auf der Website des Verlags als „inhärente Frauenfeindlichkeit“ bezeichnet. Doch ihr 20 Jahre alter polyphoner Roman ist alles andere als ein klinisches Experiment. Die Erzählerin ist eine kluge, witzige, humorvolle Frau, die Freundschaft schätzt, das Leben liebt und ehrgeizig ist. Wenn nur nicht dieser Schatten wäre, den sie immer wieder in ihrem Kopf heraufbeschwor.

Inmitten unzähliger nicht abgeschickter Briefe, in Tagträumen über Dante und seine entfernte Geliebte Laura und in Erwartung der Zukunft fantasiert Muna über ihre Beziehung. Doch dann begann sie, Kurzgeschichten zu schreiben, um die Wahrheit über sich selbst herauszufinden. Aus dem Nichts kommt ein kafkaesker Text über das Ausgesperrtsein, der mehr erklärt als jede Paarpsychologie. Es ist fesselnd und klug geschrieben, und dieser bleibende Roman ist auch unglaublich lesbar.

Für Muna wird das Schreiben zum Schlüssel zur Klärung ihrer Existenz, aber das geschieht nur in Etappen. In der Zwischenzeit fantasiert sie über künstliche Befruchtung und Geburt, um ihren Geliebten zu retten. Bis zum Schluss spielt der schwarze Fleck Magnus noch immer eine entscheidende Rolle in ihrem Innenleben, auch wenn der echte Mann lange Zeit nur sporadisch auftaucht. Ohne falschen Trost und mit großer Prägnanz, ganz im Sinne von Friedrich Hölderlins bitterem Gedicht „Half Life“, durchbricht auch Teresia Mora diesen Teufelskreis: „Mein Leben ist immer noch die Hälfte, die auf mich wartet. Unter den statistischen Durchschnittswerten.“ >

Terézia Mora, Muna oder die Hälfte des Lebens, erscheint am 30. August im Lucherhand Verlag, 441 Seiten, 25 €, ISBN: 978 -3-630-87496-8.

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