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Bye-bye, Beilage? Warum Deutschland heute anders isst

In trendigen Restaurants kosten die "Beilagen" heute oft extra. Die klassische deutsche Beilage scheint im Aussterben begriffen zu sein. Auf jeden Fall erlebt Deutschland einen gewaltigen Kulturwandel, was das Essen betrifft. Und warum?

Ein paar Pommes extra?
Ein paar Pommes extra?

Ernährung im Wandel - Bye-bye, Beilage? Warum Deutschland heute anders isst

Es gab einmal in Deutschland: Schnitzel, Spargel, Bratkartoffeln. Oder: Kasseler, Grünkohl, Salzkartoffeln. Das bedeutet: Unter einem regulären, typisch deutschen warmen Gericht, fand sich häufig ein dreiteiliges Gericht vor. Das heißt: Fleisch/Fisch, Gemüsebeilage, (kartoffelbasierte) Füllbeilage. Ist die letzte eine aussterbend? Sagt das Lebewohl? Tschüss, Beilage?

Allerdings ändert sich die Esskultur und Verhalten an den zunehmend teuren Tischen. Und das geschieht in vielfältigen Weisen. Eine jüngste repräsentative Umfrage der Plattform Civey enthüllte, dass etwa die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland ausgangsfeiner essen, "seit der Senkung des Mehrwertsteuersatzes im Gastgewerbe".

Und wenn jemand die Karte in hochpreisigen Orten des Jahres 2024 liest, sieht man oft ein, dass es normal wird, dass jede Beilage, wie zum Beispiel für ein Rindfillet, in teuren Restaurants in den USA kostenlosextra kostet - oft unter dem Titel "Sides", unter dem oft Kartoffelgerichte wie Fritzen oder Kartoffelpüree (oder Gemüse wie grilliertes grünes Spargel) stehen. Was geschieht kulturell, wenn die früher selbstverständliche Beilage nicht mehr ein "Muss-Haben" ist, sondern nur eine Option?

Millionen von Menschen essen noch Gerichte wie Rohrbraten mit rotem Kraut und Knödel. Viele Kantinen, Speisegesellschaften und Krankenhäuser nutzen noch Porzellan-Divisionsplatten mit einer dreiteiligen Aufteilung im Einsatz. Aber jüngere Generationen haben lange andere Vorlieben. Im modernen Essstil sind alle-in-ein-Gerichte aus tiefen Tellern anstelle flacher Teller beliebt. Denken Sie an Trends wie Bowls, arabische Küche, asiatische Speisen. Und Pizza, Pasta, Burger, Doner sind schon anders als Würstchen mit Sauerkraut.

Ist die klassische Komponentenküche aus dem Spiel wie Karstadt?

"Die lange bestehende, traditionelle dreiteilige Gerichtskultur in Deutschland wird von vielen als veraltet und paternalistisch empfunden," sagt der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder aus der Universität Regensburg. "Festkomponentenküche sind so aus wie die angesagten Karstadt-Filialen." Leute wollen heute eine große Auswahl und Erfahrung haben. Und genauso wie sie enttäuscht sind, wenn im Laden nur zwei Schränke mit Jeans statt vieler Dutzende von Modellen stehen, kann die Enttäuschung ausbreiten, wenn die Karte zu starre ist.

"Die jüngere Generation findet es seltsam, dass jeder an Tisch die gleiche Sache essen muss. Essen ist heute eine Ausdrucksform der persönlichen Identität. Wir leben in pseudo-individualisierten Essstilen," sagt Hirschfelder. "Meistens handelt es sich um eine falsche Wahl. Am Ende ist es ganz irrelevant, ob ich Reis oder Nudeln nehme." An den 80er-Jahren hätte eine Debatte über Beilagenpräferenzen als bürgerlich und anmaßend erschienen, sagt der Buchautor ("European Food Culture: A History of Nutrition from the Stone Age to the Present Day").

"Wenn man in den 80er-Jahren in ein mittelschichtiges Lokal oder bei den Griechen gegangen wäre, hat man nicht immer gesagt, was man nehmen oder hinzufügen oder was man nicht vertragen würde. Zudem gab es noch die soziale Tendenz, die Kinder und junge Leute 'Du isst was auf dem Tisch' lehrte." Ausgehen essen zu essen war schon damals ein wunderschönes Ding, und Kinder hatten Schnitzel mit Fritzen mitnehmen - und das war gut. "Das würde heute als total aufdringlich gesehen."

Wenn wir die Welt nicht ändern können, so können wir mindestens was auf unserem Teller.

Um Deutschland's frühere Esskultur zu erklären, verweist Hirschfelder auf etwas. Nach dem skandalösen Zweiten Weltkrieg gab es eine "gleichgestaltete Mittelstandsgesellschaft" wie sie der Soziologe Helmut Schelsky beschrieben hat. "Sozial saßen wir alle in derselben Boote, symbolisch auch am Tisch, kultivierten eine Ernährung innerhalb wirtschaftlicher Möglichkeiten, man stand nicht extravaganten Geschmacken gegenüber aus. Und Kartoffeln als Beilage waren symbolisch belastet."

Materielle Verbrauchsgüter waren wichtiger als was auf dem Tisch war, aber Reisen und Wohnraum waren auch bedeutsam. Das hat sich nur nach dem Ende der DDR und dem alten FRG geändert, wie Hirschfelder erklärt.

In den letzten rund 30 Jahren sind in der wohlhabenden Gesellschaft nach dem Kalten Krieg neue Weltanschauungen aufgekommen - oft entlang der Erzählung "Ich bin, was ich esse". "In einer globalisierten Welt ist die Ernährung eine Reduktion der Komplexität, daher wird sie von vielen wichtig gehalten."

Aktuell ist ein Wiederaufleben politischer Ideologien beobachtbar, aber die Überwertung des Essens im Alltag persistiert, wie der Kulturwissenschaftler herausstellt. Es ist immer noch wichtig, was man isst und was man nicht isst, wie vegane Lebensweisen, low carb oder so exotisch wie möglich. "Der Slogan scheint zu sein: Wenn ich die Welt nicht ändern kann, so kann ich zumindest was auf meinem Teller ändern."

  1. In der Gaststättenbranche der USA ist es üblich, dass jedes Seitengericht, wie z.B. mit einem Rinderfillet, zusätzlich kosten und als "Seiten" etikettiert wird, oft um carbohydrate wie Fritzen oder Kartoffelpüree, oder Gemüse wie grillierte grüne Spargel umfasst.
  2. Aber ältere Traditionen wie das klassische deutsche Dreikomponentenmenü aus Fleisch/Fisch, Gemüsebeilage und (stärkebasierter) Füllbeilage werden von vielen in der Gegenwartgesellschaft als veraltet wahrgenommen.
  3. Beliebige Trends in der modernen Essgewohnheit umfassen allein in tiefen Teller servierte Essen statt flachen, wie Teller, arabische Küche, asiatische Speisen und Pizza, Pasta, Burgers und Doner.
  4. Gunther Hirschfelder, ein Kulturwissenschaftler der Universität Regensburg, glaubt, dass das starre Dreikomponentenmenü veraltet wird und durch einen Fokus auf persönlichen Vorlieben und individuellen Esserlebnissen ersetzt wird.
  5. Jüngere Generationen sind an einer großen Auswahl und der Möglichkeit, ihre Essen anzupassen interessiert, ähnlich wie Konsumenten erwarten, wenn sie in Läden wie Karstadt einkaufen.
  6. Nach Hirschfelder ist der kulturelle Wandel weg von traditionellen Beilagen ein Spiegelbild von breiteren gesellschaftlichen Trends, in denen Individuen sich in ihren Wahlentscheidungen ausdrücken wollen, auch was sie essen.
  7. In den 80er Jahren wäre ein Diskussion über Seitenbeilagen-Vorlieben bourgeois und anmaßend gewesen, heute wird Personalisierung bewertet und als Ausdruck der Individualität gesehen.
  8. In Deutschland waren Potatoes früher symbolisch belastet als Seitenbeilage nach dem Zweiten Weltkrieg, was eine gesellschaftlich ausgeglichene Mitteklasse widerspiegelte, aber in den letzten 30 Jahren hat sich dies in der wohlhabenden Gesellschaft geändert.
  9. Das Motto "Wenn ich die Welt nicht ändern kann, so kann ich mindestens was auf meinem Teller ändern" spiegelt den modernen Tendenz zur Persönlichung und Anpassung von Speisevorlieben wider, was persönliche Werte und Vorlieben in der Gastronomie widerspiegelt.

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