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Der Chemieindustrie mangelt es an Vertrauen

Krieg in der Ukraine, Gaskrise, Wirtschaftsabschwung: Die deutsche Chemieindustrie hat turbulente Zeiten hinter sich. Doch die Stabilisierung wichtiger Industriezweige wird noch lange dauern.

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Es wird erwartet, dass sich die Chemieindustrie bald erholen wird. Dazu gehört auch das Chemiewerk im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen, wo Unternehmen wie die BASF ihren Hauptsitz haben. Foto.aussiedlerbote.de

Konjunktur - Der Chemieindustrie mangelt es an Vertrauen

Nach einem Krisenjahr rechnet die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie im Jahr 2024 nicht mit einer schnellen Erholung. Der Frankfurter Verband der Chemischen Industrie (VCI) erklärte, dass die aktuelle Geschäftslage und die Erwartungen für die kommenden Monate negativ seien. VCI-Präsident Markus Steilemann sagte, die Hoffnungen auf eine Konjunkturerholung seien bislang ausgeblieben. „Wir befinden uns mitten in einem tiefen, langen Tal. Es ist unklar, wie lange wir noch gehen müssen.“

Steleimann warnte vor weiteren Schließungen deutscher Chemiewerke und verstärkten Investitionen im Ausland. Energie bleibt zu teuer und aufgrund der Haushaltskrise sind die Stromkosten gefährdet, da die Bundeszuschüsse für Netzkosten gestrichen werden sollen. Unabhängig davon sind die Strompreise für Großkunden im Land fast viermal so hoch wie in den USA und fast doppelt so hoch wie in Frankreich.

Die Chemie- und Pharmaindustrie blickt pessimistisch auf das kommende Jahr. VCI erwartet für 2024 einen Umsatzrückgang von 3 %. Die Produktion in Deutschlands drittgrößter Industriebranche nach Automobil und Maschinenbau dürfte stagnieren. Wirtschaftlich sensible Chemikalien werden stärker betroffen sein. Stielemann forderte einen Abbau der Bürokratie, eine Beschleunigung der Genehmigungen sowie eine stärkere Digitalisierung und Priorisierung der Staatsausgaben. „Eines ist klar: Die Zeiten üppiger Kassen und Sondervermögen sind vorbei.“

Vernetzte Branchen leiden gemeinsam

Die Chemie- und Pharmaindustrie hat schwierige Zeiten hinter sich. Steigende Strom- und Gaspreise nach dem Krieg in der Ukraine führten zu Problemen für energieintensive Industrien, die es in anderen Branchen in Deutschland nicht gab. Zudem mangelt es aufgrund der schwachen Konjunktur an Aufträgen von Industriekunden. Als Zulieferer der schwächelnden Bauindustrie reagiert die Chemieindustrie sehr sensibel auf die Konjunktur und spürt die Auswirkungen eines schwachen Inlandsmarktes besonders. Dadurch brachen Produktion und Umsatz ein, wenn auch ausgehend von einem sehr hohen Niveau.

Der VCI schätzt, dass der Umsatz in diesem Jahr um 12 % auf rund 230 Milliarden Euro gesunken ist. Die Produktion ging um 8 % zurück, allein bei Chemikalien ging es um 11 % zurück. Die Kapazitäten in der Branche sind mit einer durchschnittlichen Auslastung von etwa 77 % nach wie vor nicht ausgelastet.

Auswirkungen auf deutsche Arbeitnehmer

Die Krise hat in der deutschen Chemieindustrie tiefe Spuren hinterlassen, die auch die Arbeitnehmer längst zu spüren bekommen. Branchenprimus BASF beispielsweise reagierte mit dem Abbau tausender Stellen, der Schließung energieintensiver Anlagen im Stammwerk Ludwigshafen und der Ausgliederung mehrerer Abteilungen. Auch andere Chemiekonzerne wie Evonik haben Sparpläne aufgelegt. Das Ende des Corona-Impfstoffansturms wiederum spürt die Pharmaindustrie – angefangen beim Mainzer Hersteller Biontech, aber auch Laborzulieferer wie Sartorius und Merck.

Hoffnungen auf eine baldige Erholung der Chemieindustrie haben sich zerschlagen. Eine VCI-Mitgliederbefragung unter rund 350 Unternehmen ergab, dass 45 % frühestens im Jahr 2025 mit Verbesserungen rechnen. Ein Drittel erwartet eine Erholung im zweiten Halbjahr 2024, während nur 13 % eine Erholung im ersten Halbjahr erwarten.

In der Umfrage klagten fast 40 % der Unternehmen über einen starken Gewinnrückgang. Etwa 15 % liegen im Minus. Andererseits haben 35 % ein stabiles Unternehmen. „Je länger das andauert, desto mehr müssen wir mit weiteren Werksschließungen rechnen“, warnte Steleimann und schließt einen Personalabbau nicht mehr aus. Allerdings blieb die Beschäftigungszahl im Land in diesem Jahr konstant bei rund 477.000.

Hoffnungszeichen für die Krisenbranche

Zumindest für die Chemie- und Pharmaindustrie hat sich die Situation in letzter Zeit verbessert. Der Preisrückgang hat sich verlangsamt, so dass die Umsätze in diesem Jahr nicht so stark zurückgegangen sind, wie der VCI zunächst befürchtet hatte. Zudem sind die Energiepreise an der Börse seit ihrem Höhepunkt während der Gaskrise 2022 deutlich gesunken.

Meine Stimmung hat sich in letzter Zeit verbessert. Nach Angaben des Ifo-Instituts ist die Geschäftsstimmung im Chemiesektor im November den dritten Monat in Folge gestiegen, wenn auch auf einem niedrigeren Niveau. Der internationale Wettbewerb, der teilweise von günstigeren Energien profitiert, bereitet der deutschen Chemieindustrie jedoch weiterhin große Sorgen.

Der Bund bot energieintensiven Betrieben ermäßigte Strompreise an, die Chemieindustrie hatte jedoch auf stärker staatlich subventionierte Industriestrompreise gehofft. Stelemann bemängelte, dass der Stromtarif keine nennenswerte Entlastung bringe. „Die Bundesregierung hat uns im Stich gelassen.“

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Quelle: www.stern.de

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