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"Die Automobilindustrie steht unter starkem Druck" oder "Die Automobilindustrie steht vor erheblichen Schwierigkeiten".

"Die Automobilindustrie steht unter starkem Druck" oder "Die Automobilindustrie steht vor erheblichen Schwierigkeiten".

Deutsche Autohersteller stehen vor zahlreichen, bedeutenden Herausforderungen. Der Aktienanalyst Robert Halver von der Baader Bank prophezeit dennoch eine positive Wende für VW und ihre Kollegen. Die aktuelle Aktienperformance der Automobilhersteller spiegelt auch die Marktreaktion wider.

ntv.de: Es leidet nicht nur VW an der Börse, auch die BMW- und Daimler-Aktien fallen. Ist das jetzt übertrieben?

Robert Halver: Gewiss, es gibt eine gewisse Übertreibung in der aktuellen Lage der deutschen Autoaktien. Allerdings erlebt diese Branche mehrere Krisen: Die Nachfrage ist schwach, Verbraucher bevorzugen Sparen, politisch gibt es Unsicherheit über die Zukunft von Verbrennungsmotoren und die Förderung von Elektrofahrzeugen. Hinzu kommen neue asiatische Konkurrenten am Markt. Deutsche Hersteller sind nicht gut auf die harte Konkurrenz auf dem Massenmarkt für mittelpreisige Autos vorbereitet. Wenn dramatische Nachrichten wie bei VW vergangene Woche oder die jüngste Gewinnwarnung von BMW eintreffen, bekommt die gesamte Branche an der Börse einen harten Schlag.

ntv.de: Deutsche Autobauer machen immer noch Milliardenumsätze. Im Vergleich zu diesen Gewinnen scheinen die Aktien sehr günstig. Ist da zum Beispiel bei VW ein Ausfallrisiko eingepreist?

Es besteht kein Ausfallrisiko für deutsche Autohersteller. Allerdings haben die Kontroversen um VW, insbesondere die Aufkündigung langfristiger Standort- und Arbeitsplatzgarantien, auch bei Investoren einen Schock ausgelöst.

ntv.de: Angesichts der beschriebenen Krisen: Gibt es Gründe, warum Investoren ihre deutschen Autoaktien nicht sofort verkaufen sollten? Kann man auf eine Besserung in absehbarer Zukunft hoffen?

Panik ist an der Börse nie ratsam. Es gibt immer einen neuen Morgen – auch für die deutsche Autoindustrie. Die Nachfrage wird wieder anziehen, wenn die Weltwirtschaft wieder an Fahrt aufnimmt. Einige Verbraucher, die diesen Jahr ihre Autokäufe verschoben haben, werden sich wahrscheinlich beeilen, wenn sie ein Auto benötigen. Allerdings bleiben die strukturellen Probleme der Branche bestehen. Eine Rückkehr zu den guten alten Zeiten, als deutsche Autobauer global führend und einzigartig waren, ist leider keine Option mehr.

ntv.de: Werden alle deutschen Autobauer gleich stark von diesen Problemen betroffen oder sind einige besser für die Zukunft positioniert als andere?

Diese strukturellen Probleme betreffen die gesamte Branche im Prinzip. Allerdings trifft die aktuelle schwache Nachfrage die Premiummarken nicht so stark wie die Massenmarktbrands. Kunden, die einen Mercedes, BMW, Audi oder Porsche kaufen, sind weniger preissensibel als Kunden im Mittelfeldsegment, wo die Konkurrenz extrem hart geworden ist.

ntv.de: Wenn wir vom Crisis der deutschen Autobauer sprechen, müssen wir da zwischen global tätigen Konzernen, deren Absatzmärkte und Fabriken largely im Ausland liegen, und dem Produktionsstandort Deutschland unterscheiden? Sind Standortprobleme hier aus Sicht der Börse relevant?

So schmerzhaft es ist, von möglichen Stellenkürzungen und Fabrikschließungen in Deutschland zu hören, ist es aus Sicht der Investoren vorteilhaft, wenn Unternehmen mehr im Ausland produzieren, wo die Kosten niedriger sind als in Deutschland, das aufgrund hoher Lohn- und Energiekosten weniger wettbewerbsfähig geworden ist.

Interview mit Robert Halver von Max Borowski.

Trotz der Herausforderungen setzen deutsche Fahrzeughersteller ihre Produktion von Kraftfahrzeugen fort und versuchen, durch schwache Nachfrage, Verbraucherpräferenzen für Sparen, politische Unsicherheit und harte Konkurrenz von neuen asiatischen Rivalen zu navigieren. Die strukturellen Probleme der Branche bestehen weiterhin, aber einige Premiummarken sind besser positioniert dank weniger preissensitiver Kunden.

Robert ist Managing Director und Principal Analyst im Kapitalmarktsektor bei der Baader Bank.

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