Während Israel als Reaktion auf den Terror der islamistischen Hamas unablässig Ziele im Gazastreifen bombardiert, wird die Lage für die eingeschlossene palästinensische Zivilbevölkerung immer prekärer.
Die Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga forderten einen sofortigen Stopp der israelischen Angriffe und warnten vor «katastrophalen» humanitären Folgen und Sicherheitsrisiken durch eine Verschärfung des Konflikts.
US-Präsident Joe Biden rief Israel dazu auf, nach den «Regeln des Krieges» zu handeln und das Völkerrecht zu achten. Es gibt Anzeichen, dass Israels Armee in dem dicht besiedelten Gebiet eine Bodenoffensive starten wird. 300.000 Soldaten sind mobilisiert.
US-Regierung in Gesprächen über Ausreise von Zivilisten aus Gaza
Die US-Regierung führt mit Israel und Ägypten Gespräche über die Öffnung eines Grenzübergangs für Zivilisten zur Ausreise aus dem Gazastreifen. «Wir wollen nach bestem Wissen und Gewissen sicherstellen – und ich weiß, dass Israel nach bestem Wissen und Gewissen sicherstellen will -, dass Zivilisten nicht zu Schaden kommen», sagte US-Außenminister Antony Blinken vor seiner Abreise nach Israel, wo er heute Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Präsident Izchak Herzog treffen will.
Armeesprecher: Hamas-Terroristen töteten überwiegend Zivilisten
Terroristen hatten am vergangenen Samstag im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Islamistenorganisation Hamas Massaker in israelischen Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet. Unter den mehr als 1200 Todesopfern seien 189 Soldaten, teilte Israels Armee am Mittwochabend mit. Die weitaus meisten der getöteten Menschen sind demnach Zivilisten. Mindestens 3000 Menschen wurden verletzt und rund 150 in den Gazastreifen entführt.
US-Präsident Biden nannte den Hamas-Angriff «den tödlichsten Tag für Juden seit dem Holocaust». Gleichwohl appelliere er an Netanjahus Regierung, bei der Gegenreaktion Augenmaß zu bewahren, wie er bei einem Treffen mit führenden Vertreterinnen und Vertretern jüdischer Gemeinden in Washington betonte.
Israel setzt Bombardement des Gazastreifens fort
Israel reagiert seit den Massakern mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen. Dabei wurden dort mindestens 1100 Menschen getötet und mehr als 5300 weitere verletzt. Auch in der Nacht setzte Israels Armee den Beschuss fort. Es laufe ein großangelegter Angriff gegen zur Hamas gehörende Ziele im Gazastreifen, teilte das Militär am frühen Morgen auf Telegram mit. Die Hamas habe unter dem abgeriegelten Küstengebiet ein Netzwerk von Tunneln angelegt, erklärte Armeesprecher Jonathan Conricus. Das seien keine Bunker für die Zivilbevölkerung, die Tunnel dienten ausschließlich der Hamas und ihren terroristischen Zielen. «Das ist das, was wir angreifen», sagte der Armeesprecher.
Vereinte Nationen fordern Zugang für humanitäre Hilfe
Angesichts des Leidens der Zivilbevölkerung und der massiven Zerstörungen durch die andauernden israelischen Luftangriffe forderte UN-Generalsekretär António Guterres schnelle Hilfe für die Menschen in dem nur 40 Kilometer langen und zwischen sechs und zwölf Kilometer breiten Küstenstreifen. Lebenswichtige Hilfsgüter – darunter Treibstoff, Lebensmittel und Wasser – müssten in den Gazastreifen gelangen können. «Wir brauchen jetzt schnellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe», sagte Guterres am Mittwoch in New York. Die Hamas forderte er zur Freilassung aller Geiseln auf.
Ägypten sichert Öffnung seiner Grenze nach Gaza zu
Ägypten sicherte den Vereinten Nationen die Öffnung seiner Grenze nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen zu. Auch der nahe dem Übergang Rafah gelegene Flughafen in Al-Arisch auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel könnte genutzt werden, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Rafah ist der einzige Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten. Alle anderen Passierstellen gehen nach Israel. Zuletzt waren sämtliche Übergänge geschlossen. Israel verhängte eine komplette Blockade über das Gebiet, in dem rund 2,3 Millionen Palästinenser leben.
EU-Außenbeauftragter Borrell kritisiert Blockade des Gazastreifens
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf der Regierung in Jerusalem vor, mit Maßnahmen wie der Unterbrechung der Versorgung mit Wasser, Strom und Nahrungsmitteln für den Gazastreifen gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA flohen bisher etwa 264.000 Menschen innerhalb des abgeriegelten Gebietes. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die unablässigen Luftangriffe Israels als «Massaker». Zugleich verurteilte er das Töten von israelischen Zivilisten durch die Hamas.
Sonderflüge für Deutsche aus Israel starten
Die Lufthansa soll heute Sonderflüge für Deutsche aus Israel im Auftrag des Auswärtigen Amts aufnehmen. Das geht aus einer Mitteilung des Ministeriums an Deutsche hervor, die sich auf der Vorsorgeliste für Kriseninformationen eingetragen haben. Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor einer Eskalation des Konflikts. «Es besteht die Gefahr, dass das ein Flächenbrand werden kann», sagte Scholz am Mittwochabend in den ARD-«Tagesthemen». Nun müsse man zusammen mit Verbündeten dafür sorgen, dass dieser Fall nicht eintrete.
Am Donnerstag empfängt Scholz in Berlin Tamim bin Hamad Al Thani, den Emir von Katar. Der Golfstaat soll sich als Vermittler zwischen Israel und Hamas angeboten haben. Deutschland unterstützt Israel beim Kampf gegen die Hamas mit bis zu zwei von der Bundeswehr geleasten Kampfdrohnen vom Typ Heron TP. Das Verteidigungsministerium habe einer Nutzungsbitte Israels an die Bundesregierung zugestimmt, teilte das Bundesverteidigungsministerium am Mittwochabend mit.
USA zu Hilfe Israels entschlossen
Israel müsse Maßnahmen ergreifen, um sich zu verteidigen, und sicherstellen, dass sich das Geschehene nicht wiederhole, so US-Außenminister Blinken vor dem Abflug nach Israel. «Wir sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass Israel alles bekommt, was es braucht, um sich zu verteidigen und für die Sicherheit seines Volkes zu sorgen.»
Israels Ministerpräsident Netanjahu und Oppositionspolitiker Benny Gantz verabredeten unterdessen eine Notstandsregierung. Die gemeinsame Führung sei nötig, um einen «Feind schlimmer als den IS» zu bekämpfen, sagte Netanjahu am Mittwochabend unter Verweis auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Eine Notstandsregierung gilt als politische Voraussetzung, um weitreichende militärische und politische Entscheidungen – wie eine militärisch riskante Bodenoffensive – zu treffen.