Klimapolitik: Deutschland auf der Weltklimakonferenz
Wenn im Winter die jährliche UN-Klimakonferenz beginnt, klopft sich die Bundesregierung gerne selbst auf die Schulter. Auf der großen Konferenz in Dubai, im UN-Jargon COP28 genannt, war die deutsche Delegation stolz darauf, weltweit als „die Guten“ in Sachen Klimaschutz anerkannt zu werden.
Wie Klimastaatssekretärin Jennifer Morgan am Donnerstag betonte, dürfe auch ein neues Milliardenloch in den Bundesfinanzen nichts an der Verlässlichkeit Deutschlands als Geldgeber ändern. Auch die Bundesrepublik ist auf dem Weg, wie versprochen bis 2045 treibhausgasneutral zu werden.
Heute fliegt auch Olaf Scholz ein, der sich im Wahlkampf als „Klimakanzler“ bezeichnete. Was genau ist in seinem Gepäck? Wie ist die Gesamtsituation in Deutschland in Sachen Klimaschutz?
Deutschlands Bilanz: Treibhausgase reduzieren, aber zu langsam
Deutschlands Klimaschutzbilanz lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es gibt viele Lücken und Baustellen, aber global gesehen schneiden viele Länder schlechter ab. Spezifisch:
Nach Angaben des Umweltbundesamtes hat Deutschland im vergangenen Jahr rund 746 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase ausgestoßen, mindestens 40,4 % weniger als 1990. Doch laut Klimaschutzgesetz muss diese Zahl um das satte 65-fache reduziert werden. Bis 2030 sollen es 20 % sein, spätestens 2045 muss eine verbindliche Klimaneutralität erreicht sein. Dazu bedarf es einer zügigen Steigerung des Tempos, die, wie Behördenchef Dirk Messner im Herbst errechnete, zu einer Reduzierung der Emissionen um rund sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr führen würde. Aber: Seit 2010 liegt das durchschnittliche Wachstum in Deutschland nicht einmal bei 2 %.
Besonders schlimm ist die Situation auf den Straßen. Trotz hoher Treibstoffpreise und Ticketpreisen von 9 Euro ist sie die einzige Branche, die im Jahr 2022 tatsächlich mehr Treibhausgase ausstößt als im Vorjahr. Kein Wunder: Trotz der ständigen Besorgnis wächst der Autobestand im Land weiter. Derzeit sind 48,8 Millionen Autos unterwegs, nur jedes 50. davon ist elektrisch.
Auch die Kohlendioxidemissionen der Kohlekraftwerke des Landes sind zuletzt stark gestiegen, eine indirekte Folge der hohen Ölpreise und der durch den Krieg in der Ukraine verursachten Energiekrise. Auch erhebliche Energiemengen müssen exportiert werden, insbesondere aus Frankreich, wo die Hälfte der Kernkraftwerke des Landes zu Wartungszwecken nicht ans Netz angeschlossen ist.
International ist vieles schlimmer
Deutschland kommt beim Klimaschutz voran, wenn auch langsam. Allerdings geht es der Bundesrepublik damit nicht schlechter als anderen Ländern – denn viele Bundesländer tun deutlich weniger. Denn mittlerweile stoßen 139 Länder weltweit mehr Treibhausgase aus als 2005, manche sogar doppelt so viel, wie das NewClimate Institute ermittelte.
Ein negatives Beispiel ist China: Im Jahr 2005 emittierte die Volksrepublik China 5,8 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, im Jahr 2021 waren es bereits 11,5 Milliarden Tonnen – was 30 % der gesamten weltweiten Emissionen entspricht. Bei den Pro-Kopf-Emissionen liegt China inzwischen auf dem gleichen Niveau wie Deutschland, aber immer noch weit hinter Ländern wie den USA, Australien, Kanada und Russland.
Niclas Höhne, Klimaexperte am New Climate Institute, kam bei einem Panel Mitte November zu dem Schluss, dass es keine Anzeichen für einen grundlegenden Wandel auf globaler Ebene gebe. Er stützte seine Berechnungen auf neue Berechnungen der Vereinten Nationen: Selbst wenn alle Klimaschutzzusagen eingehalten würden, was viele bezweifeln, könnten die Emissionen im Jahr 2030 nur 2 % unter dem Niveau von 2019 liegen. Um das 1,5-Grad-Erderwärmungsziel zu erreichen, muss es bis dahin halbiert werden.
Deutschlands Gesamtleistung ist „nicht zufriedenstellend“
Das New Climate Institute veröffentlicht außerdem regelmäßig sein hoch angesehenes Analysetool, den Climate Action Tracker, der regelmäßig die Klimapolitik von mehr als 40 Ländern bewertet. Trotz einzelner Fortschritte stufen Experten die Gesamtleistung Deutschlands als „ungenügend“ ein: Die Bundesregierung scheint ihre eigenen Klimaschutzziele für 2030 aufgegeben zu haben.
Beispielsweise ist es unangemessen, dass Deutschland auf seinen Autobahnen nicht einmal so etwas Einfaches wie ein allgemeines Tempolimit einführt. Ende August zeigte ein vom Umweltbundesamt koordinierter Bericht zur Bundesprognose, dass die Klimaziele für 2030 und 2045 „gefährdet“ seien, wenn keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen würden – was die Behauptungen der Regierung Lügen straft.
Der Climate Action Tracker-Bericht macht deutlich, dass die Bundesregierung auch im internationalen Vergleich systematisch Hürden für den Ausbau erneuerbarer Energien beseitigt hat. Im Solarbereich übertrifft es seine Ausbauziele, im Windbereich jedoch nicht.
Scholz will Klimaclub gründen
Der Premierminister nimmt sich inmitten der Haushaltskrise einer Ampelregierung eine Auszeit, um an einem Klimagipfel in Dubai teilzunehmen. Doch er verbrachte nur 20 Stunden in dem wohlhabenden Golfemirat, acht Stunden weniger als ursprünglich geplant. Heute, sobald er gelandet ist, wird sein „Climate Club“ eröffnet, eines seiner Lieblingsprojekte. Dies ist nicht das erste Mal.
Das lose Bündnis ambitionierter Länder im Kampf gegen den Klimawandel wurde tatsächlich beim G7-Gipfel im vergangenen Jahr im bayerischen Schloss Elmau geschmiedet. Jetzt ist es „vollständig auf den Markt gekommen“ und jetzt in mehr als 33 Ländern vollständig verfügbar. Das Hauptziel des Vereins ist es, die Branche klimafreundlich umzugestalten. Um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden, ist eine internationale Zusammenarbeit sinnvoll.
COP28 Neue Dämpfer für alle Standorte
Am ersten Tag der COP28 gab es an der Ampel einen erneuten Rückschlag: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verurteilte die Bundesregierung dafür, dass sie umgehend Pläne zur Stärkung des Klimaschutzes im Verkehrs- und Bausektor auf den Weg gebracht hatte. Der Richter gab der Klage des deutschen Umweltverbandes BUND statt. Die Kläger fordern sofortige Maßnahmen – etwa ein Tempolimit. Zum Glück für die angeschlagene Regierung: Sie konnte Berufung einlegen und das Inkrafttreten des weitreichenden Urteils zunächst verzögern.
Grund für die Kürzung
Dennoch war es ein Rückschlag für die kurze Reise des Premierministers nach Dubai. Am Samstagmorgen wird Scholz die Gipfelrede halten und dann geht es zurück nach Berlin. Angesichts der prekären Haushaltslage liegt der politische Fokus derzeit auf dem Inland. „Die Kanzlerin hat noch einiges zu tun, daher ist eine Umstrukturierung durchaus möglich“, hieß es aus Regierungskreisen zu der vorübergehend verkürzten Reise.
Quelle: www.dpa.com