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Klopp schafft unaufhaltsame Comeback-Könige

Ist Liverpool unlesbar?

Jürgen Klopp lacht in dieser Saison bei Liverpool-Spielen meist erst ein bisschen und dann viel..aussiedlerbote.de
Jürgen Klopp lacht in dieser Saison bei Liverpool-Spielen meist erst ein bisschen und dann viel..aussiedlerbote.de

Klopp schafft unaufhaltsame Comeback-Könige

Der FC Liverpool hat in der vergangenen Saison eine schwache Leistung gezeigt und es gerade noch in die Europa League geschafft. In diesem Jahr ist fast alles anders: Die Reds haben ebenfalls zu kämpfen, liegen aber in der Tabelle der Premier League weit vorne. Das liegt an einer bemerkenswerten Statistik.

Vielleicht wollen sie es nicht zugeben. Aber in einem Moment der Verwundbarkeit könnte der eine oder andere Dortmunder Fan Sehnsucht nach England bekommen. Denn in Liverpool steht ein Mann an der Seitenlinie, der die Dortmunder Mannschaft geformt hat wie kein anderer Trainer in der jüngeren Geschichte. Als wäre die Sehnsucht nicht schon groß genug, macht Jürgen Klopp jetzt beim Liverpool Football Club das, was Edin Terzić mit den Schwarz-Gelben in dieser Saison eigentlich machen wollte: Spiele gewinnen, ohne wirklich schönen Fußball zu spielen.

Dass dieser Plan aufgeht, zeigt sich jetzt an der Tabellenspitze der Premier League. Die Reds stehen zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder an der Tabellenspitze. Das ist das Ergebnis einer Mentalität, die in Europa fast einzigartig ist. Liverpool hat in dieser Saison bereits sieben Mal gewonnen. Von den fünf besten Ligen Europas konnte nur das spanische Wunderkind Girona, das zum Eigentümerkreis des englischen Meisters Manchester City gehört, mithalten. Die City Football Group erwarb 2017 einen Anteil von 44,3 Prozent an dem Verein. Die anderen 44,3 Prozent gehören der Girona Football Group, die von Pere Guardiola, dem Bruder von City-Manager Pep Guardiola, geleitet wird.

Kürzlich schlug Klopps Comeback-König bei Crystal Palace zurück. Es dauerte fast ein ganzes Spiel, bis der Mentalitätsriese dort einen Ausweg fand. "Ich habe der Mannschaft gesagt, dass es das erste Mal ist, dass jemand 76 Minuten so gespielt hat wie wir und trotzdem gewonnen hat", sagte Klopp nach dem Spiel. Später am Abend erzielte Vereinsikone Mohammed Salah sein 200. Tor für die Reds, bevor der eingewechselte Harvey Elliott in der ersten Minute der Nachspielzeit ebenfalls gegen zehn Londoner traf. Es war wieder einmal eine perfekte Rückkehr.

Keiner hat Anspruch auf einen Oscar.

Liverpool ist in der Liga seit Ende September ungeschlagen. Damals herrschte große Verwirrung über den VAR, als das Routinetor von Flügelspieler Luis Diaz bei der 1:2-Niederlage gegen Tottenham Hotspur nicht anerkannt wurde. Die Schiedsrichtervereinigung sprach von einem "signifikanten menschlichen Fehler" und die Reds waren wütend. Andernorts sah es schlecht aus: Neun Liverpooler Spieler verloren das Spiel - ironischerweise ihr Ausgleichstreffer in der 90. und 8. Minuten. Doch seitdem hat sich die Wut gelegt und es geht aufwärts. Liverpool ist die erste Mannschaft im Jahr 2023, die Manchester City zu Hause einen Punkt abtrotzt - wieder durch ein Tor in letzter Minute.

Es ist dieses späte Glück, das die aktuelle Leistung der Reds bestimmt. "Wie ich schon nach dem Spiel gegen Sheffield United sagte, müssen wir in dieser Phase des Jahres durchkommen und brauchen Ergebnisse", sagte Klopp nach dem jüngsten Sieg gegen Crystal Palace. "Niemand hat Anspruch auf einen Oscar, es war das beste Fußballspiel aller Zeiten, es ging um drei Punkte und die haben wir geholt, und damit sind wir sehr zufrieden."

Und doch kann es wie in Hollywood sein. Vor einer Woche wurde das Spiel gegen Fulham ausgetragen. Liverpool führte zweimal, kassierte aber ebenso viele Gegentore. Schlimmer noch: Zehn Minuten vor Ende der Partie ging Fulham durch Stürmer Bobby de Cordoba Reid in Führung. Doch die Könige des Comebacks rollten weiter: Erst erzielte Neuzugang Shibu Endo ein Traumtor, dann Alexander-Arnold, um das Spiel zu drehen.

Klopp arbeitet an Liverpool 2.0.

Aber wer hätte gedacht, dass es dieses Jahr Liverpool sein würde? Vor allem nach der letzten Saison, die sehr ähnlich verlief wie Klopps letztes Jahr bei Borussia Dortmund. Im Winter 2014 fand sich Borussia Mönchengladbach am Ende der Tabelle und später in Europa wieder. Im vergangenen Jahr war es nicht anders: Liverpool stürzte immer wieder ab und hatte nur kurze, aber stetige Phasen. Die Reds kämpften sich bis auf den fünften Platz in der Tabelle und damit in die Europa League vor. Damals wie heute gab es Skeptiker: Verdammt, das siebte Jahr, jetzt ist Klopp aber wirklich kaputt.

Doch der 56-Jährige begann im Hintergrund an seinem großen Neubauprojekt zu arbeiten. Es ist sein achtes Jahr im Verein: Den Posten des Nationaltrainers für "Liverpool 2.0" hat er im Spätsommer abgelehnt. Im Gegenteil, in den Interviews im Reformhaus wurde ein Schlachtruf angestimmt: Man wolle wieder "richtig angreifen". Das Mittelfeld wurde komplett ausgetauscht, nicht mehr mit den Veteranen um Jordan Henderson und Fabinho, sondern mit Neuzugängen: Alexis Michael Allister, Shibu Endo und Dominic Soboslai.

Die guten Ergebnisse täuschen ein wenig darüber hinweg, dass ein neuer Motor noch nicht gefunden wurde. Ein Liverpooler Blogger kommentierte kürzlich in der BBC, dass diese Mannschaft "nicht annähernd" an die Mannschaft herankommt, die in den letzten Jahren mit Manchester City um den Titel gekämpft hat. Zwei Stürmer, Luis Diaz und Darwin Nunez, sind in schlechter Form, und Salahs Tore waren in letzter Zeit nicht gerade zuverlässig.

Im Moment ist das Comeback noch stark genug. Aber es zeichnen sich neue Probleme im Kader ab. Nach einem Kreuzbandriss des ehemaligen Schalke-Spielers Joel Matip stehen für drei Spiele nur noch vier Innenverteidiger zur Verfügung. Außerdem finden im Winter der Afrika- und der Asien-Cup statt. Die Reds müssen dann auf den ägyptischen Superstar Salah und den japanischen Nationalmannschaftskapitän Endo verzichten.

Die Frage ist also, ob Liverpool irgendwann zusammenbricht. Der nächste Härtetest steht schon in zwei Wochen an, wenn Arsenal am 23. Dezember in Anfield gastiert. Vielleicht schaut ja auch der eine oder andere BVB-Fan mal vorbei. In der Europa League heißt der Gegner jetzt Union-Schreck Royale Union Saint-Gilloise (18.45 Uhr/RTL+ im ntv.de-Livefeed).

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Quelle: www.ntv.de

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