Was macht eigentlich ...? - Mutmaßliche Löwin in Berlin: Wildtierexperte Derk Ehlert blickt auf die Suche zurück
Diesen Sommer Berlin und Brandenburg gerieten anderthalb Tage lang in öffentliche Aufregung um eine mutmaßlich entflohene Löwin. Wann hat Ihr Telefon zum ersten Mal geklingelt?Am 19. und 20. Juli um zwei Uhr abends erhielt ich den ersten Anruf. Das war zunächst nichts Ungewöhnliches: Oft erhielt ich nachts Anrufe, etwa wegen Verkehrsunfällen mit Wildtieren. Diesmal bat mich die Polizei, Amtshilfe zu leisten und den Menschen Spezialgewehre für die Suche nach großen Raubtieren zur Verfügung zu stellen. Ich habe dafür gesorgt, dass ein Experte den nötigen Elektroschocker trägt und mich dann wieder hinlegt – bis zum nächsten Anruf drei Stunden später. Ich wurde gefragt, ob ich sonst noch jemanden kenne, der mich unterstützt, denn vielleicht sei eine Löwin auf dem Weg von Klein Machno in Brandenburg nach Berlin.
Bist du alleine ausgegangen?Die Polizei hat einhundert Personen eingesetzt. Darüber hinaus haben Experten, die das Verhalten von Löwen untersuchen, und Wildtierbiologen mit der Untersuchung begonnen. Ich musste die Suche also nicht aktiv unterstützen, habe mir aber das an diesem Abend aufgenommene Video angeschaut.
Sie haben Ihre Zweifel schon sehr früh geäußert. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie dieses Video sahen?Ich dachte mir: Wann erscheint die Löwin auf dem Bild? Ich habe nur zwei Wildschweine erkannt. Das Aussehen, die Bewegung und die Position des Schwanzes auf dem Rücken deuten für mich eindeutig nicht auf eine Raubkatze hin.
Nach einer Videoauswertung und Laborergebnissen aus Kot- und Haarproben war klar: Bei der Löwin handelte es sich tatsächlich um ein Wildschwein.Wir sind bereit, die Suchdichte zu erhöhen und ein zusätzliches Jagdteam mit Gewehren und Angelausrüstung bereitzuhalten, falls die Löwin vom Süden Berlins in die Innenstadt vordringt.
"Das größte Tier ist der Elefant auf dem Jacob Caesar's Square"
Hast du gelacht, nachdem du die Antwort herausgefunden hast?Jeder Hinweis muss ernst genommen werden. Ich vertraue auf jeden Fall der Polizei und den Zeugen, die dieses Tier gesehen haben. Das Einzige, was mich stört, ist, dass es dort, wo es gefunden wurde, keine Löwenpfotenabdrücke gibt.
Welche anderen exotischen Tiere sind Ihnen schon begegnet?Kängurus, Krokodile, Giftschlangen und alle anderen Lebewesen, die Menschen in ihren Häusern halten, werden irgendwann auch draußen landen – wenn sie entkommen. Das größte Tier ist ein Elefant auf dem Jacob Caesar's Square, der aus dem Zirkus entkommen ist. Am längsten beschäftigte mich ein Serval, eine mittelgroße Großkatze, die anderthalb Jahre lang frei in Berlin umherstreifte.
Haben Sie ein Büro in der Berliner Senatsverwaltung? Oder einfach draußen arbeiten?Ich verbringe die meisten meiner Morgen und Abende draußen. In dieser Zeit nutzte ich meinen Schreibtisch zur Beantwortung von Anfragen und zur Aufklärungsarbeit. Stadtbewohner müssen wissen, was sie tun sollen, wenn sie in ihrer Garage auf einen Nerz stoßen. Müttern, die sich Sorgen um ihre Kinder machen, weil sie auf dem Spielplatz einen Fuchs mit Schaum vor dem Maul sehen, erkläre ich, dass der Fuchs nicht sofort tollwütig wird, sondern sich über den Winter in seinem Sack versteckt, zum Beispiel auf der Suche nach einem Partner.
Lesen Sie auch:
- Schneesturm schränkt Bayern weiterhin ein
- Einstimmiger Beschluss: Wölfe könnten schneller getötet werden
- Jahr der Klimarekorde: Extreme sind die neue Normalität
- Eis und Schnee legen Süddeutschland lahm
Quelle: www.stern.de