Dienstleistungen - Reform des Postrechts: Der Versand von Briefen wird länger dauern
Die Bundesregierung will die erste grundlegende Reform des Postgesetzes seit 25 Jahren einleiten. Das Bundeskabinett wird voraussichtlich heute einen Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums annehmen. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Reform.
Warum reformieren?
Als 1998 das noch heute geltende Postgesetz in Kraft trat, spielte das Internet noch eine untergeordnete Rolle und Bestellungen bei Online-Händlern waren noch ein Fremdwort. Dennoch war es immer noch üblich, Briefe zu schreiben, um miteinander zu kommunizieren.
Es scheint etwas aus alten Zeiten zu sein – heute dominieren E-Mail und Chat die schriftliche Kommunikation. Briefe wurden obsolet und Pakete wurden alltäglich. Aus diesem Grund ist der Gesetzgeber bestrebt, die Vorschriften für die Postbranche an die sich ändernden Realitäten anzupassen. Politiker sind sich einig, dass dies längst überfällig ist.
Warum gibt es Postgesetze?
In den 1990er Jahren wurde die Bundespost privatisiert. Postgesetze sollen den Wettbewerb gewährleisten, aber gleichzeitig die Versorgung der Bevölkerung mit grundlegenden Postdienstleistungen sicherstellen. Als „Universaldienstleister“ muss die Deutsche Post sehr strenge Vorschriften einhalten. Im Gegenzug erhielt sie eine Steuererleichterung.
Die Ergebnisse der Konkurrenz sind ziemlich schlecht: Der gelbe Riese hat einen Marktanteil von 85 % bei Briefen und mehr als 40 % bei Paketen. Zu den Briefkonkurrenten zählen Pin und Citipost, zu den Paketkonkurrenten gehören DPD, Hermes, GLS, UPS und der Zustelldienst von Amazon, der in Deutschland hinter Post/DHL den zweiten Platz einnimmt.
Was soll das Gesetz ändern?
Künftig soll der Zeitdruck beim Briefversand in der Postfiliale geringer ausfallen. Dadurch können Kosten gesenkt werden, indem beispielsweise Nachtflüge für den Brieftransport vermieden werden. Bisher musste die Post 80 % der heute verschickten Briefe am nächsten Werktag zustellen, mit einer Quote von 95 % für den nächsten Werktag.
Nach den Empfehlungen des Bundeswirtschaftsministeriums darf der Mindestwert am dritten Werktag nach Einwurf in den Briefkasten künftig nur noch 95 % betragen. Am vierten Werktag sollten 99 % der Briefe beim Empfänger eintreffen. Daher sollten Briefe langsamer unterwegs sein, aber zuverlässig ankommen.
Wie sonst werden Verbraucher die Folgen der Reformen bemerken?
Die Gruppe verfügt über fast 13.000 Postämter im ganzen Land, von denen die meisten Postschalter im Einzelhandel sind. Allerdings gibt es in manchen Vororten und größeren Dörfern kein Postamt, obwohl die Postämter laut Regierungsvorschriften dort Filialen haben sollen.
Manchmal entstehen Lücken im Filialnetz, weil der letzte Supermarkt oder Kiosk geschlossen hat und die Post keinen anderen Partner findet. Geldautomaten können eine Lösung bieten, werden jedoch noch nicht in den Filialnetzanforderungen berücksichtigt. Diese Situation kann sich in Zukunft, wenn auch nur in Einzelfällen mit Zustimmung der Bundesnetzagentur, ändern.
Werden die Portopreise wieder steigen?
Ja, die Portokosten werden höchstwahrscheinlich noch einmal steigen. Dies wird jedoch nicht in der Gesetzesreform, sondern in einem gesonderten offiziellen Verfahren im nächsten Jahr kodifiziert. Die bisher gültigen Portotarife – 85 Cent für einen Standardbrief und 70 Cent für eine Postkarte – laufen Ende 2024 aus. Die Bundesnetzagentur gewährt der Post einen Preiserhöhungskorridor, den das Unternehmen nutzen wird. Das überarbeitete Gesetz soll verhindern, dass die Preise zu schnell steigen – ein Standardbrief soll nicht mehr als einen Euro kosten.
Wie umstritten ist die Reform?
Der Einsatz von Subunternehmern in der Paketbranche sorgt seit jeher für Unzufriedenheit. Der Zoll meldete Fälle von Schwarzarbeit und Schwarzarbeit, die Gewerkschaft Verdi forderte ein Verbot von Subunternehmern. Die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums gehen nicht sehr weit, die Regeln sollen aber verschärft werden. Künftig ist der Auftraggeber verpflichtet, seine Subunternehmer nach vorgegebenen Standards zu überprüfen.
Den Grünen und Sozialdemokraten reicht das nicht, sie fordern ein Verbot der Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer oder Subunternehmer. Aber die Liberaldemokraten haben nicht viel darüber nachgedacht – aus ihrer Sicht gibt es unter den Subunternehmern faule Äpfel, die bestraft werden müssen, aber insgesamt ist es ein gut funktionierendes und bewährtes System. Anders sieht es bei den Paketdienstleistern aus: Marktführer DHL setzt fast vollständig auf Subunternehmer, während seine Konkurrenten stark auf diese angewiesen sind.
Wie können die Arbeitsbedingungen verbessert werden?
Der Transport von Paketen erfolgt hinten, und Lieferboten müssen manchmal schwere Garten- und Sportgeräte und sogar Hanteln in die oberen Stockwerke von Wohnhäusern tragen. Zukünftig sollen schwere Pakete ab 10 kg gekennzeichnet werden, damit der Paketzusteller dies weiß und nicht der Aufzug selbst. Ab 20 kg sollte ein Zwei-Personen-Transport bzw. technische Hilfeleistung Pflicht sein.
Welche anderen Probleme werden angegangen?
Seit letztem Jahr gehen bei der Bundesnetzagentur ungewöhnlich viele Beschwerden über Qualitätsmängel in der Postbranche ein. Hierbei handelt es sich um Sendungen, die verspätet sind, falsch zugestellt werden oder ganz verloren gehen. In den meisten Fällen richtet sich der Ärger gegen Marktführer Deutsche Post/DHL. Klaus Müller, der Chef der Bundesnetzagentur, hob immer wieder warnend den Zeigefinger – doch er konnte nichts dagegen tun. Das wird sich künftig ändern: Seine Befugnisse sollen erstmals hohe Bußgelder gegen den Universaldienstleister Deutsche Post verhängen können.
Wie geht es weiter mit der Postrechtsreform?
Mit dem heutigen Kabinettsbeschluss wurden die Vorschläge der Bundesregierung zur Postreform finalisiert. Dann sind Bundestag und Bundesrat am Zug, die Reformen werden voraussichtlich im Frühjahr 2024 abgeschlossen sein.
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Quelle: www.stern.de