Trotz Lohnerhöhungen mussten die Arbeitnehmer Reallohneinbußen hinnehmen
Der Tarifvertrag 2023 sieht erhöhte Beträge und Einmalzahlungen von bis zu 3.000 € vor. Hinzu kommt, dass vielen Menschen nur noch sehr wenig bleibt, sagte die gewerkschaftsnahe Böckler-Stiftung.
Trotz sinkender Inflation und steigender Tariflöhne hatten viele Arbeitnehmer in diesem Jahr tatsächlich weniger Geld in der Tasche. Eine Analyse des der Gewerkschaft angeschlossenen Instituts für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WSI) der Hans-Böhler-Stiftung zeigt, dass die Tariflöhne im Jahr 2023 nominal um durchschnittlich 5,6 % im Vergleich zum Vorjahr steigen werden. „Da die Verbraucherpreise im gesamten Jahr 2023 voraussichtlich um 6,0 % steigen werden, würde dies zu einem durchschnittlichen Rückgang der tariflich vereinbarten Reallöhne um 0,4 % führen“, erläutern die Forscher.
Um die Auswirkungen der Inflation auf Arbeitnehmer abzumildern, hat sich die Bundesregierung mit Arbeitgebern und Gewerkschaften darauf geeinigt, in den Jahren 2023 und 2024 steuer- und steuerfreie Sonderzahlungen in Höhe von bis zu 3.000 Euro zu gewähren. Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs, erklärt, dass sich einige Arbeitnehmer aufgrund dieser Einmalzahlungen, die teilweise über der Inflationsrate liegen sollen, möglicherweise in einer besseren finanziellen Situation befinden. Allerdings können inflationskompensierte Prämien aufgrund ihrer Komplexität laut WSI nicht „vollständig“ in den Berechnungen berücksichtigt werden.
„Die Kaufkraft der Tarifbeschäftigten ist bis 2023 nahezu gewährleistet“, erklärt Schulten. „Allerdings bleiben erhebliche Reallohnverluste in den ersten beiden Jahren bestehen, die nicht in einer Tarifrunde ausgeglichen werden können.“ Darüber hinaus sagte der Archivleiter, die Einmalzahlung könne sich erheblich dämpfend auf die Lohnentwicklung in den Folgejahren auswirken.
Die Reallöhne sind in den letzten zwei Jahren stark gesunken
Im Jahr 2021 und insbesondere im vergangenen Jahr ließ die Inflation die Reallöhne in Deutschland deutlich schrumpfen. Laut WSI sanken die Reallöhne im vergangenen Jahr um 4,7 %, „ein Rekordhoch in der Bundesrepublik“.
Während die Tariflöhne in den 2010er Jahren weiter stiegen und die Reallohnsteigerungen im Jahr 2020 14 % erreichten, waren die Preissteigerungen laut WSI im Jahr 2021 und insbesondere im Jahr 2022 deutlich höher als die Lohnsteigerungen. Dadurch ist wieder fast die Hälfte des Reallohnwachstums verloren gegangen.
Die Forscher erklären, dass die reinen Tariflöhne preisbereinigt nun „wieder auf dem Niveau von 2016“ seien. Allerdings sieht es für viele Branchen in diesem Jahr dank steuerfreier und steuerfreier inflationskompensierter Prämien besser aus. Der Grund dafür ist, dass diese einmaligen Zahlungen bei der WSI-Berechnung berücksichtigt werden, nicht jedoch die Steuer- und Abgabenersparnisse. Aufgrund der Komplexität ist dies nicht möglich.
Ausnahme: Lohnerhöhung im öffentlichen Sektor um 9,8 %
Stattdessen erstellten WSI-Forscher Modellrechnungen für jeden Tarifsektor. Das Ergebnis: „Berücksichtigt man den ‚Brutto-Netto‘-Effekt der inflationskompensierten Prämien, werden die Tariflohnsteigerungen in einigen Branchen im Jahr 2023 deutlich höher ausfallen.“ Im öffentlichen Sektor beispielsweise stiegen die Durchschnittslöhne um 9,8 % , höher als normal Drei Prozentpunkte.
Inflationsprämien führten auch zu „überproportionalen Lohnsteigerungen für Niedriglohngruppen“, erklärten die Forscher. Verstärkt wird dies durch eine Reihe von Deals im Jahr 2023, die prozentuale Erhöhungen mit festen Mindestbeträgen kombinieren. „Damit tragen die Tarifparteien dem Umstand Rechnung, dass Niedriglohngruppen von hohen Preissteigerungsraten besonders betroffen sind“, erklärt Schulten.
Tarifverhandlungsausblick 2024
Mit Blick auf die Tarifverhandlungen im nächsten Jahr sagte Schulten: „Angesichts des starken Rückgangs der Inflation dürfte der Druck auf die Tarifparteien im Jahr 2024 wieder nachlassen.“ Aufgrund der Reallohnverluste in den vergangenen Jahren gebe es aber noch Nachholbedarf, heißt es Nach Berechnungen von Burkle liegen die Reallöhne nun wieder auf dem Niveau von 2016, nachdem sie drei Jahre in Folge im negativen Bereich gelegen hatten.
„Um die schwache Konjunktur in Deutschland zu stabilisieren, ist auch eine Erhöhung der Reallöhne wichtig.“ Arbeitgebervertreter warnten jedoch davor, die Unternehmen in der Konjunkturflaute übermäßig finanziell zu belasten.
Lesen Sie auch:
- Wind und Sonne: Netzkosten sollen gerechter verteilt werden
- Die EU will die Preisobergrenze für russische Ölexporte verschärfen
- Haushaltskrise: Steigende Strompreise drohen
- Telefónica plant die Einführung eines holografischen Telefons
Quelle: www.ntv.de