Tuchels Lächeln lässt den FC Bayern töricht erscheinen
Der FC Bayern steht wieder einmal ohne seinen Traumtrainer da: Auch die neueste Idee ist gescheitert. Thomas Tuchel, der im Gespräch war, die Trennungsvereinbarung zurückzunehmen, hat seinen Rückzug angekündigt. Und er scheint glücklich darüber zu sein. Das wirft Fragen auf.
Thomas Tuchel wusste, was auf ihn zukommt und machte sogar einen kleinen Scherz. Vor der obligatorischen Pressekonferenz vor dem Bundesligaspiel gegen die TSG Hoffenheim (am Sonntag um 15.30 Uhr und im Liveticker bei ntv.de) warf er den Journalisten ein paar Worte entgegen, worum es gehen könnte. Verletztenliste? Hoffenheim? Grundordnung? Alles Unsinn, natürlich. Die erste Frage, die Tuchel gestellt werden musste, war, ob er tatsächlich Trainer des FC Bayern bleiben würde. Wer etwas anderes erwartet hatte, war ein Träumer. Das Gerücht über eine mögliche Wende war einfach zu verlockend.
Und Tuchel antwortete ehrlich und direkt: "Das ist die letzte Pressekonferenz an der Säbener Straße. Wir haben uns nicht auf eine weitere Zusammenarbeit geeinigt. Deshalb bleibt der Vertrag vom Februar bestehen." Nach einer peinlichen Niederlage beim VfL Bochum hatte der Verein wenige Tage später beschlossen, die mühsame Zusammenarbeit trotz eines bis 2025 laufenden Vertrages zum Saisonende zu beenden.
Zu den Gründen für die endgültige Trennung wollte sich Tuchel nicht äußern und sagte, diese bleibe "hinter verschlossenen Türen". Wahrscheinlich ging es aber um "kleine" Dinge. Es ist aber nicht schwer zu vermuten, dass ein Mitspracherecht in der Transferpolitik und eine Vertragsverlängerung unvereinbare Punkte waren. Nur so hätte der Trainer diese ungewöhnliche Rückwärtsbewegung gesichtswahrend verlassen können. Er wäre nicht als Spielball für einen möglichen Coup mit Jürgen Klopp, Xabi Alonso oder Pep Guardiola im nächsten Sommer gesehen worden. Vielleicht waren die Forderungen so überwältigend, dass der Verein sie nicht erfüllen konnte. Der Trainer hatte die Oberhand. Nach den Absagen seiner potenziellen Nachfolger konnte er so leicht verhandeln wie ein Wasserverkäufer in der Wüste.
Die bizarre Szene an der Säbener Straße
Es war ziemlich bizarr. Da stand ein Trainer, der mit sich im Reinen war, und verkündete eine wichtige Entscheidung. Natürlich hatte der FC Bayern nie öffentlich zugegeben, dass er sich in Gesprächen mit Tuchel befand, um zu bleiben. Aber das Medienecho war so groß, dass der Verein seine Entscheidung hätte öffentlich bekannt geben müssen. Auf diese Weise verlor der FC Bayern die Kontrolle über die Kommunikation. Sie standen dumm da, und Tuchel konnte mit einem Lächeln davongehen. Nach einer frustrierenden Saison, mit einer am letzten Spieltag verlorenen Meisterschaft gegen den BVB, mit Kritik am Kader, Forderungen, Spielerdegradierungen und offener Hilflosigkeit über die Inkonstanz seiner Spieler. Er hat sogar eine sinnlose Debatte über "Thomas-Müller-Spiele" losgetreten.
Wie geht es weiter? Wer will Trainer des Rekordmeisters werden? Die Liste der Möglichkeiten kann nicht allzu lang sein. Roberto de Zerbi (Brighton Hove & Albion) wird immer noch als Kandidat gehandelt. Vielleicht wird auch Oliver Glasner (Crystal Palace) wieder interessant. Der Österreicher will, aber sein Verein will nicht. Oder nur für eine angeblich astronomische Ablösesumme, die irgendwo in der Nähe von 100 Millionen Euro liegt. Hansi Flick, einst ein Favorit, soll aus dem Rennen sein. Macht nichts, ein Wunschkandidat lässt sich auch nicht verkaufen. In den sozialen Medien kursieren Spötteleien. Es gibt Rufe nach einem Comeback von Jürgen Klinsmann. Egal, der neue Mann hat den Makel, nicht mehr zu sein als Plan E, F, G, X, Y oder Z. Das ist ein schwerer Schlag für seine Autorität, noch bevor er in den Trainerring steigt.
Max Eberl ist auch in Schwierigkeiten
Und natürlich steckt auch Max Eberl, der nur wenige Tage nach der Trennung Mitte Februar das Amt des Sportdirektors übernommen hat, in der Klemme. Er wollte diese Aufgabe bis April erledigt haben. Ha! Das wird zu einem ewigen Warten. Dass er sich am vergangenen Wochenende nicht in der eigenen Arena von Tuchel verabschiedet hat, kann im Nachhinein als Beweis dafür gewertet werden, dass er alles auf den alten neuen Trainer gesetzt hat. Vergeblich.
"Ich glaube fest daran, dass wir alle eine Spur hinterlassen", sagte Tuchel. "Wir können mit Recht stolz auf die 15 Monate sein, die wir zusammen verbracht haben." Zwar könnte man argumentieren, dass "eine titellose Saison mit Bayern München niemals zufriedenstellend ist", doch ein genauerer Blick auf die Situation zeigt ein komplexeres Bild. Die Ausnahmemannschaft von Bayer Leverkusen war einfach zu stark für den selbstverliebten und ständig unruhigen FC Bayern, der mit seiner Punkteausbeute viele Saisons gewonnen hätte. Doch die Blamage im Pokal gegen den Drittligisten Saarbrücken steht im krassen Gegensatz zur überragenden Liga-Saison.
Tuchel gestand, dass es ihm schwer fiel, sich von der Mannschaft zu trennen. In der letzten Zeit hatten er und die Spieler eine starke Bindung aufgebaut. Davon zeugt auch ein Foto, das nach dem Champions-League-Viertelfinalsieg gegen Arsenal aufgenommen wurde und einen strahlenden Tuchel zeigt. Doch dann wurde er von Uli Hoeneß in der FAZ scharf angegriffen. Das Eingeständnis des Trainers, "durch die Beleidigungen meiner Trainerehre schwer verletzt" zu sein, schien das Ende aller Hoffnungen auf seinen Verbleib zu bedeuten. Trotz einer von fast 20.000 Fans unterzeichneten Online-Petition, die seine Rückkehr forderte, bestritt Tuchel, dass die Attacke von Hoeneß bei seiner Entscheidung eine Rolle gespielt habe. Man habe die Angelegenheit während des Champions-League-Spiels gegen Real Madrid angesprochen - "und das Problem gelöst".
Eine surreale, andauernde Farce
Dennoch gab er einen Hinweis auf seine Zukunftspläne. Auf die Frage nach der Nominierung von Aleksandar Pavlović für das DFB-Team und seiner Rolle in der Entwicklung des Youngsters antwortete er: "Die einen sagen dies, die anderen das." Großes Gelächter brach im Raum aus. Ein sarkastisches Nicken in Richtung Tegernsee.
Es ist ein unglaubliches Spektakel, das sich seit Wochen abspielt: Unzählige Trainer äußern ihren Wunsch, zum FC Bayern zu wechseln. Auch wenn dabei nur Felix Magath in den Sinn kam, sorgte es doch für sensationelle Schlagzeilen. Doch die Show geht weiter, denn Bayern braucht dringend einen Trainer. Die Spieler müssen wissen, wer sie führen wird und welche Rolle sie spielen werden. Und Sportdirektor Eberl muss sich mit einem Spielleiter abstimmen, um zu entscheiden, welche Spieler bleiben, gehen oder dazukommen. Eine Mannschaft ohne Manager ist selbst für einen Verein vom Kaliber der Bayern nicht mehr attraktiv. Die Orientierungslosigkeit des Vereins ist nicht mehr zu übersehen. Und der Titelverteidiger verwandelt sich allmählich in einen Scheinriesen in der Welt des Fußballs.
Derweil gibt es viele andere "Giganten", die sich im Moment abmühen. Vom (tragischen) Theater bei Manchester United, wo Erik ten Hag, ein ehemaliger Trainer der Bayern-Reservemannschaft, strauchelt (ironischerweise wird Tuchel als sein potenzieller Nachfolger gehandelt und der Niederländer soll auch ein Kandidat für den Job in München sein), bis zum FC Barcelona, wo Xavi bleiben oder durch Tuchel oder Flick ersetzt werden könnte (oder auch nicht).
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Quelle: www.ntv.de